AT-Technologietag Roth Temperatur präzise messen, aber wie?
Präzise messende Temperatursensoren sind in einer Vielzahl von Anwendungen unverzichtbar, sei es in industriellen Prozessen, wissenschaftlichen Experimenten oder alltäglichen elektronischen Geräten. Bei Gesprächen mit Kunden ist die Präzision auch das meistgenannte Kriterium. Wie ausgeprägt ist das Bewusstsein zur Komplexität einer scheinbar einfachen Temperaturmessung und was muss unternommen werden, um präzise Messresultate zu erhalten? Diese Fragen werden in den folgenden Zeilen beantwortet.

Weshalb werden präzise Temperaturmessungen benötigt?
Nehmen wir als Beispiel einen Wärmebehandlungsprozess in einer Härterei. Damit nach Abschluss des Prozesses die Werkstücke die gewünschten Eigenschaften aufweisen, muss die Prozesstemperatur, bzw. die Ofentemperatur präzise und reproduzierbar den Härtungsvorgaben entsprechend geregelt werden. Die zur Temperaturregelung erforderlichen Sensoren und Regler sollten idealerweise ihre Mess- und Regler-Eigenschaften auch über mehrere Jahre mit unzähligen Temperaturzyklen beibehalten. Dies ist in der Praxis jedoch nicht der Fall. Im Worstcase kann durch fehlerhafte Messungen der Wärmebehandlungsprozess Werkstücke mit ungenügenden Eigenschaften ergeben. Periodische Kontrollen der Mess- und Regler Eigenschaften helfen, dieses Risiko zu eliminieren.
Nicht nur bei Hochtemperaturanwendungen sind genaueste Temperaturmessungen Voraussetzung für eine stabile Prozessregelung. Im Pharmabereich entscheiden zum Teil Bruchteile von Grad Celsius über die Prozess- und somit Produktqualität. Prozessverantwortliche dürfen hier nicht auf Datenblattangaben der Hersteller vertrauen, sondern müssen periodisch belegen, dass die Messungen auf den nationalen Standard rückführbar sind. Für diese und vergleichbar anspruchsvolle Anwendungen bietet eine Kalibration des Temperatursensors oder der gesamten Messstrecke durch ein akkreditiertes Kalibrierlabor für Temperatur die Sicherheit, präzise und reproduzierbar zu messen.
Wozu sind Kalibrationen nützlich?
Unter dem Begriff Kalibration versteht man einen Messprozess, bei dem ein Temperatur-Messgerät oder -Sensor mit einer bekannten, hochpräzisen Temperatur-Referenz verglichen wird. Die dabei ermittelten Abweichungen werden mit einer Messunsicherheitsangabe in einem Kalibrierzertifikat dokumentiert und dem Auftraggeber übergeben. Mit den dokumentierten Werten erhält dieser, auf jeden Messpunkt bezogen, hochpräzise Korrekturwerte, mit denen er die Messstrecke wieder nahezu in den Neuzustand versetzen kann.
Was zeichnet ein Kalibrierlabor aus?
Roth+Co. AG unterhält seit 1999 ein von der schweizerischen Akkreditierungsstelle SAS akkreditiertes Kalibrierlabor für Temperatur. Im Kalibrierlabor können Temperatursensoren und direkt anzeigende Temperatur- Messketten im Temperaturbereich von –196 °C bis +1350 °C mit einer Präzision von bis zu 0,005 °C (5mK) kalibriert werden. Die detaillierten Kalibrier- und Messmöglichkeiten (CMC) sind unter der Akkreditierungsnummer SCS 0090 im Internet zu finden.
Um eine Akkreditierung zu erreichen und aufrecht zu erhalten, müssen verschiedenste infrastrukturelle Rahmenbedingungen und die Vorgaben der Norm EN ISO/IEC 17025 eingehalten werden. Nebst einem stabilen Raumklima und einem störungsfreien Umfeld muss die messtechnische Ausrüstung des Labors höchsten Ansprüchen genügen. Roth+Co. AG setzt Geräte von spezialisierten Herstellern wie Isotech, Kambic und weiteren ein und ist gleichzeitig auch Vertreter derselben Hersteller in der Schweiz.
Wie läuft eine Kalibration ab?
Als erstes wird mit dem Kunden die Anzahl zu messender Temperaturwerte bestimmt. Zusammen mit dem Referenzsensor werden die zu kalibrierenden Temperatursensoren in ein Kalibrierbad oder einen Kalibrierofen gelegt. Die dabei verwendeten Referenzsensoren von Isotech weisen eine Messunsicherheit von maximal 2 bis 3mK auf. Je nach Anforderungen betreffend Rückführbarkeit werden die Kalibrierergebnisse am Ende des Prozesses in einem Werks- oder einem SCS- Zertifikat festgehalten. SCS- Zertifikate dürfen nur von akkreditierten Kalibrierlaboratorien ausgestellt werden und gewährleisten, dass die Ergebnisse lückenlos auf nationale und internationale Normale rückführbar sind.
Wie lange sind Kalibrierungen gültig?
Die Frage nach der Gültigkeitsdauer eines Kalibrierzertifikats kann und darf ein Kalibrierlabor nicht beantworten. Da der Prozessverantwortliche als Einziger die jeweiligen Einsatzbedingungen, die Prozessparameter und die Risiken, die mit fehlerhaften Messungen verbunden sind, kennt, kann nur er die Dauer bis zur nächsten Rekalibration verantworten.
Virtuelle Temperaturbestimmung!
Nicht immer lässt sich aber ein Temperatursensor genau dort einbauen, wo die Temperatur interessiert, oder die Temperatur verändert sich so schnell, dass Fragen bezüglich der zeitlichen Korrelation zwischen Messwert und effektiver Temperatur auftreten. In solchen Fällen helfen thermische FEM-Simulationen weiter. Physische Temperaturmessungen dienen der Gewinnung von Randbedingungen und dem Abgleich der rechnerischen Modelle, während durch die Simulation die Temperatur an der interessierenden Stelle berechnet oder deren zeitlicher Verlauf ermittelt wird. Oft helfen Simulationen auch, vertieften Einblick in thermische Vorgänge zu gewinnen.
Unterschieden wird bei thermischen FEM- Simulationen zwischen transienten und stationären Simulationen. Bei Letzteren interessiert die Temperaturverteilung in einem eingeschwungenen System. Transiente Simulationen hingegen liefern nicht nur die Information über die Temperatur an einer bestimmten Stelle, sondern zeigen, wie sich die Temperaturverteilung in Abhängigkeit der Zeit verändert.
Die Simulation ermöglicht es Ingenieuren und Designern, verschiedene Szenarien zu analysieren und die optimale Konstruktion zu wählen, um die gewünschte Temperaturverteilung zu erreichen. Dies minimiert kostspielige Iterationen im Entwicklungsprozess. Weiter bietet diese die Möglichkeit, das Verhalten eines Objekts in der Entwicklung unter verschiedenen Bedingungen vorherzusagen. Es können potenzielle Probleme oder Hotspots frühzeitig erkannt und behoben werden. Dies trägt zur Kostensenkung sowie zur Sicherheit und Stabilität eines Entwicklungsprozesses bei.
Zusammenfassend kann festgehalten werden:
Will man sicher sein, dass präzise und reproduzierbar gemessen wird, legt ein hochwertiger und langzeitstabil messender Temperatursensor die Basis hierzu. Kalibrationen ermöglichen Messabweichungen zu erkennen, bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen und das Messverhalten periodenübergreifend zu dokumentieren. Simulationen helfen, Prozesse zu analysieren, sie dadurch besser zu verstehen und im Idealfall auch Kosten zu senken.
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