Schädliche Lagerströme in Drehstrom-Maschinen verhindern
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Lagerströme können in elektrischen Maschinen zu Lagerschäden und vorzeitigen Ausfällen führen. Umrichter verschärfen diese Problematik. Dabei lässt sie sich durch geeignete Massnahmen verhindern.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ist bekannt, dass Lagerströme in elektrischen Maschinen zu Lagerschäden und vorzeitigen Ausfällen führen können. Die Problematik wird durch den Einsatz von Umrichtern verschärft, da die auftretenden Gleichtaktspannungen und hochfrequenten Ableitströme neue Lagerstrom-Typen hervorrufen. Dabei können diese Lagerausfälle durch geeignete Massnahmen verhindert werden.
Lagerströme entstehen immer durch eine Spannung über dem Lager. Bei kleinen Drehzahlen wirkt das Lager wie ein ohmscher Widerstand. Die auftretenden Ströme sind dabei aber so klein, dass in diesem Zustand kein Lagerschaden zu erwarten ist. Bei höheren Drehzahlen wirkt das Lager wie eine Kapazität, wobei der Schmierfilm das Dielektrikum bildet. Sobald ein bestimmter Schwellwert der Lagerspannung überschritten wird, bricht dieser Schmierfilm durch, und es können sehr hohe Stromdichten auftreten.
Bei genügend hohen Stromdichten kann Metall im Lagerring geschmolzen oder gar verdampft werden, und es entstehen unzählige kleine Krater. Nach einiger Zeit zeigt sich im Lagerring eine typische graue Spur (Abb. 1). Bei manchen Anwendungen führen die Krater zusammen mit den Schwingungseigenschaften der Lagerkomponenten zu sogenannten Riffeln. Diese Riffel erzeugen verstärkte Vibrationen, die längerfristig zur Zerstörung der Lager führen. Gemäss heutigem Stand der Technik wird die Lebensdauer der Lager durch die graue Spur nicht beeinträchtig; nicht die Stromdichte, sondern die Energiedichte der Lagerströme ist ausschlaggebend, ob sich aus den Kratern tatsächlich Riffel bilden. Aber nicht nur die metallischen Teile, auch das Schmiermittel kann durch die Lagerströme beeinträchtigt werden, sodass schädliche Lagerströme mit diesen hohen Energiedichten auf jeden Fall verhindert werden sollten.
Das Verhindern der schädlichen Lagerströme kann auf zwei Arten erfolgen. Die erste Möglichkeit ist das Lager so auszulegen, dass auch bei den vorhandenen Lagerspannungen kein Durchbruch stattfindet. Dies kann zum Beispiel durch Hybridlager erreicht werden. Die zweite Möglichkeit besteht in der Verringerung der Lagerspannung auf so kleine Werte, dass der Schmierfilm nicht durchbricht. Auf welche Weise die Lagerspannung verringert werden kann, hängt von ihrer Entstehungsart ab. Im Umrichter-Betrieb ergeben sich neben den klassischen Lagerströmen drei verschiedene Lagerstrom-Typen: Entladungs-Lagerströme, zirkulierende Lagerströme und Rotor-Erdströme.
Wenn der Schmierfilm durchbricht
Bei Entladungs-Lagerströmen entsteht die Lagerspannung, da die Gleichtaktspannung über verschiedene Kapazitäten zur Erde geleitet wird und entsprechend dem Spannungsteiler auch ein Teil der Gleichtaktspannung über dem Lager abfällt (Abb. 2). Überschreitet diese Lagerspannung einen bestimmten Wert, so bricht das Schmiermittel durch, und es fliesst ein Entladungsstrom. Die Stromstärke dieser Entladungs-Lagerströme ist relativ unabhängig von der Maschinengrösse. Da jedoch die Kontaktfläche und damit die Strom-Durchtrittfläche bei kleinen Maschinen entsprechend kleiner ist, sind die Stromdichten hier viel kritischer. Lagerschäden durch Entladungs-Lagerströme treten somit hauptsächlich bei Maschinen kleiner und mittlerer Leistung bis etwa 20 kW auf. Die Lagerspannung wird dabei für eine gegebene Maschine hauptsächlich durch die Höhe der Gegentaktspannung bestimmt. Bei der Speisung mit einem dreiphasigen Umrichter mit Zwischenkreisspannung 560 V treten mit hoher Wahrscheinlichkeit Entladungs-Lagerströme auf, die das Lager schädigen.
Doch auch grosse Maschinen sind durch Lagerstrom gefährdet. Durch die Umrichter-Speisung entsteht um die Welle ein zirkulärer magnetischer Fluss. Da sich dieser Fluss hochfrequent ändert, führt er zu einer Spannung in der Welle. Es bilden sich somit über den beiden Lagern gegengleiche Spannungen aus. Bei kleinen Maschinen sind diese Lagerspannungen unter anderem aufgrund der kurzen Welle so klein, dass keine schädlichen Lagerströme auftreten. Bei mittleren und grossen Maschinen ab einigen Kilowatt können jedoch die Lagerspannungen so gross werden, dass der Schmierfilm durchbricht und ein zirkulärer Lagerstrom im Kreis «Welle — Lager NDE — Gehäuse — Lager DE — Welle» fliesst. Die Stromdichte der zirkulären Lagerströme nimmt mit der Maschinengrösse tendenziell zu. Die Lagerspannung wird dabei für eine gegebene Maschine hauptsächlich durch die Flankensteilheit der Gegentaktspannung bestimmt.
Eine zusätzliche Gefährdung entsteht bei allen Maschinengrössen bei einer schlechten Erdung des Gehäuses. Wenn die Erdungsimpedanz über die Welle und die Arbeitsmaschine deutlich kleiner ist als über die Gehäuse-Erdung, fliesst ein Teil des Gleichtaktstromes als Rotor-Erdstrom vom Gehäuse über den Weg «Motorlager —Kopplung — Lager der Last» ab und schädigt dabei die Lager. Dieser Lagerstrom-Typ kann bei Maschinen jeglicher Grösse auftreten. Die Lagerspannung wird dabei für eine gegebene Maschine hauptsächlich durch die Flankensteilheit der Gegentaktspannung bestimmt.
Lagerströme müssen nicht sein
Die gängigsten Massnahmen, um Maschinen vor Lagerströmen zu schützen, sind dabei:
- Reduzierung der Gleichtaktspannung durch Filter oder Pulsmuster
- Hybrid- oder Keramiklager: Bei zirkulierenden Lagerströmen reicht ein NDE-Hybrid-Lager, bei den anderen Typen schützen nur zwei Hybrid-Lager
- Kohlebürsten, Wellenerdungsringe: Bei Entladungs-Lagerströmen reicht eine Kohlebürste, bei den anderen Typen schützen nur zwei Bürsten. Bei Rotor-Erdströmen besteht die Gefahr, dass die Lager der Lastmaschine beschädigt werden
- Pulsmuster-Filter, welche die Flankensteilheit (du/dt) reduzieren: Pulsmuster-Filter wirken nicht bei Entladungsströmen
- Gleichtaktdrosseln: Gleichstromdrosseln wirken nicht bei Entladungsströmen
- Sicherstellung einer guten hochfrequenten Gehäuse-Erdung zur Vermeidung von Rotor-Erdströmen, zum Beispiel durch Verwendung geschirmter Kabel
Bei grösseren Maschinen werden die aufgezeigten Massnahmen bereits häufig umgesetzt. Bei kleinen Maschinen jedoch herrscht teilweise Unsicherheit, ob die Massnahmen wirksam sind. Im Rahmen des BFE-Projektes «Zustandsüberwachung von Lagerströmen in elektrischen Maschinen» läuft daher am Institut für Mechatronische Systeme an der ZHAW ein Langzeitversuch, bei dem elf baugleiche Motoren mit Umrichter-Speisung in unterschiedlichen Konfigurationen (z. B. verschiedene Erdungsarten oder Filter) betrieben werden. Zur Laufzeit werden die Wellenspannungen und Vibrationsmuster aufgezeichnet, um das Auftreten der Lagerströme zu dokumentieren. Zudem werden nach mehreren Monaten Dauerbetrieb die Lager der Maschinen untersucht, um die Wirksamkeit der Gegenmassnahmen zu dokumentieren. Damit soll auch für kleine Maschinen der Weg für den sicheren Einsatz von Umrichtern geebnet werden.
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