Fraunhofer-Forschung Wenn der Bus für aktuelle Strassenkarten sorgt

Von Silvano Böni

Fraunhofer Fokus hat im Projekt Shuttles&Co eine Smartphone-App entwickelt, mit der nebenbei und ohne Spezialsensoren die Strassensituation erfasst werden kann. Die Daten ermöglichen für die Stadtverwaltung eine unabhängige digitale Strassenkarte, die zum Beispiel Entwicklerteams als Basis für Mobilitätsdienste dienen kann.

(Bild: © editableclips.com - stock.adobe.com)

Auf den Strassen einer Grossstadt ist immer viel los: Es entstehen temporäre Pop-up-Radwege, Baustellen verändern die Spurführung, sicherheitsrelevante Verkehrsschilder sind durch Aufkleber nicht mehr lesbar, Busspuren sind blockiert, Wurzeln beschädigen den Radweg. Für Bürger, die Stadtverwaltung, Verkehrsunternehmen wie die BVG und Mobilitätsdienstleister wären diese Informationen sehr hilfreich. So können beispielsweise Personen auf dem Rad rechtzeitig vor Hindernissen gewarnt werden, und die Stadt kann Schäden an der Strasseninfrastruktur beheben. Dabei stellt es eine grosse Herausforderung dar, wie diese Daten kontinuierlich erfasst werden können, um eine stets aktuelle digitale Strassenkarte zu gewährleisten.

Fraunhofer Fokus hat dafür im Projekt Shuttles&Co eine App entwickelt. Sie läuft auf herkömmlichen Smartphones, die an die Windschutzscheibe von Fahrzeugen befestigt werden, die sowieso regelmässig durch die Stadt fahren, wie ÖPNV-Busse oder die Müllabfuhr. Der Screen ist dabei deaktiviert, um den Fahrer oder die Fahrerin nicht abzulenken. Genutzt werden die Video- und GPS-Daten, die mit dem Smartphone generiert und direkt im mobilen Gerät verarbeitet werden.

Dafür laufen in der App vortrainierte neuronale Netze, die Objekte erkennen. Um Datenschutz und einen schnellen Transfer ins Backend bei Fraunhofer Fokus zu gewährleisten, werden nur Objektinformationen wie Strassenschilder, Ampeln, Richtungspfeile, Bordsteine oder Spurmarkierungen weitergeleitet, die für die Detektion von Änderungen notwendig sind.

Crowdsourcing statt Spezialmessung

Die Daten aus der App sind zwar ungenauer als die Daten, die mit Messfahrzeugen mit Laserscannern generiert werden. Dafür kann der gleiche Ort mehrfach am Tag abgefahren werden, wodurch sich ebenfalls ein genaues Bild ergibt. Die Änderungsdetektion erfolgt dann automatisch durch einen Vergleich der neuen Daten mit der digitalen Karte im Back­end.

Die Änderungen werden dann an die Stadtverwaltung weitergeleitet, wo sie in die digitale Karte überführt werden.

In Kooperation mit der BT Berlin Transport GmbH wurde die App bereits in verschiedenen Linienbussen erprobt. Im letzten Jahr erhob sie pro Monat durchschnittlich 350 Stunden auf circa 10 500 km Daten und erkannte dabei rund 7,8 Millionen Objekte. Von Interesse für optimale Verkehrsbedingungen war für die BT beispielsweise auch die Erkennung, Erfassung und Analyse der Busspuren.

«Wir sind sehr froh, dass die Fahrer der BT durch ihren Einsatz bei Projekten wie Shut­tles&Co ihren Beitrag zum Gelingen einer nachhaltigen Mobilitätswende leisten können und den ÖPNV in Berlin zukunftsweisend mitgestalten», sagt Christian Glienke, Projektleiter bei der BT Berlin Transport GmbH.

Dr. Ilja Radusch, Leiter des Geschäftsbereichs Smart Mobility am Fraunhofer Fokus, resümiert: «Mit unserer App generieren wir Daten für Dienste, die die Sicherheit und den Komfort auf der Strasse erhöhen und damit hoffentlich auch Lust machen, statt dem Auto häufiger das Rad zu nutzen. Die Stadt­verwaltung bekommt mit unserer App eine agile und datensparsame Alternative zu den aufwendigen Stadtkartierungen mit speziellen Messfahrzeugen, die üblicherweise nur alle paar Jahre durchgeführt werden und bei denen dann viele Terabyte an Daten auf­wendig und langwierig aufbereitet werden müssen.»

Nachfolgeprojekt bereits in den Startlöchern

Das Projekt Shuttles&Co endete nach zweieinhalbjähriger Laufzeit Ende Juni. Es wurde von der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz geleitet und vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr mit insgesamt 9,8 Millionen Euro gefördert. Fraunhofer Fokus wird die App im Nachfolgeprojekt KIS’M weiterentwickeln. Beispielsweise soll die KI so trainiert werden, dass sie noch weitere Objekte wie Schlag­löcher erkennt. Es ist geplant, die Kooperation mit der BT Berlin Transport GmbH in KIS’M fortzuführen.

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