Vollautomatisiert und flexibel Variantenreiche Druckmessgeräte- Montage im Kurztakt
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Das Transfersystem Active Mover von Bosch Rexroth reduziert bei Wika Polska SGF Rüstzeiten und steigert Produktivität.

Mehr als 10 000 Varianten und Losgrössen von eins bis zu mehreren tausend Stück: Zur nachhaltigen Produktivitätssteigerung hat Wika Polska SGF die Montage von Druckmessgeräten im polnischen Włocławek automatisiert und Industrie-4.0-Ansätze umgesetzt. In enger Zusammenarbeit mit Bosch Rexroth entwickelte das Unternehmen eine hochautomatisierte und flexible Montagelinie für Druckmessgeräte auf Basis des Transfersystems Active Mover von Bosch Rexroth und reduziert damit die Rüstzeiten um mehr als 50 Prozent.
«Wir müssen pro Schicht teilweise 15- bis 20-mal für die hier montierten Druckmessgeräte umrüsten», beschreibt Mario Scheffner, technischer Leiter von Wika Polska SGF die Herausforderung. «Das betrifft nicht jede Schicht, aber es kommt immer häufiger vor, denn die Losgrössen werden kleiner und wir wollen flexibler produzieren.» Bis vor kurzem erfolgte die teilautomatisierte Montage von Druckmessgeräten auf zwei Rundtaktmaschinen. Sie ermöglichen kurze Taktzeiten und fertigen grosse Stückzahlen effizient. Aber die Umrüstung erfordert zeitintensive mechanische Arbeiten. Ausserdem fallen bei einigen Varianten auf einer Rundtaktmaschine Halbfertigteile an, die anschliessend in die zweite Maschine eingeführt werden müssen.
20 Stationen in einer Kurztaktanlage
Wika ist weltweit auf Wachstumskurs. Das Unternehmen beschloss 2020, den Wertstrom bei Druckmessgeräten mit einer Kurztaktlösung durchgängig zu automatisieren und gleichzeitig die Flexibilität voranzutreiben. «Wir benötigen eine Linie mit 20 Stationen für Montage, Stanzen, Messfedern, Kalibrieren, Vision-Systeme zur Qualitätskontrolle, Schraubprozesse und Beschriften», erklärt Mario Scheffner die Komplexität. Die Instrumente kommen in der Medizintechnik ebenso zum Einsatz wie bei der Druckluftüberwachung in der Schweisstechnik, mit Drücken von bis zu 400 bar.
Nach einer intensiven Marktanalyse entschied sich Wika Polska SGF für das Transfersystem Active Mover von Bosch Rexroth. Es besteht aus Strecken- und Kurvenmodulen und bildet ein geschlossenes Oval mit einem durchgängigen Linearmotor. Auf der gesamten Strecke fahren Werkstückträger unabhängig voneinander präzise auf die vorgegebenen Positionen. Sie können auch die Fahrtrichtung ändern und mehrere Positionen innerhalb einer Station nacheinander anfahren. Damit begann das Projekt Automatic Gauge Assembly, kurz AGA 1.
Von 20 bis 25 Minuten auf null Sekunden
Der entscheidende Vorteil der neuen Montagelinie AGA 1 sind die kürzeren Rüstzeiten. «Bei Rundtaktmaschinen erforderte die Umstellung auf die unterschiedlichen Grössen und Anschlusslagen der Druckmessgeräte 20 bis 25 Minuten, bei AGA 1 sind es null Sekunden», ist Mario Scheffner stolz. Insgesamt verkürzt die neue Linie die Rüstzeiten in der variantenreichen Montage um mehr als 50 Prozent. Hinzu kommen weitere Produktivitätsgewinne durch die hohe Dynamik des Systems. Die Werkstückträger können mit bis zu 40 m/s² beschleunigt werden. Dadurch reduziert sich die Wechselzeit zwischen den Stationen, was die Taktzeit der Gesamtlinie minimiert.
Die Lösung von Wika ist «ready for any MES», wie Piotr Krotki, Leiter der Automation, betont. Er ist mit seinem Team für die Konstruktion, den Steuerungsbau und die Inbetriebnahme von Produktionsanlagen bei Wika Polska SGF zuständig. Die zu montierenden Fertigungslose werden über QR- oder Bar-Code eingelesen. «Zu 70 bis 80 Prozent stellt sich die Maschine selbst ein», erläutert Piotr Krotki. Je nach Montagevariante fahren die frei programmierbaren Werkstückträger unterschiedliche Positionen in den Stationen an. Das verbessert die Overall Equipment Effectiveness (OEE) signifikant und verringert zeitintensive manuelle Arbeiten für die Umrüstung deutlich. Gleichzeitig dokumentiert die Linie jeden automatisierten Montageschritt lückenlos und erfüllt damit die Anforderungen von immer mehr Kunden an die Rückverfolgbarkeit.
Offen für jede Steuerungsarchitektur
«Die Motion Control des Active Movers fügt sich mit ihren offenen Schnittstellen in unsere Anlagensteuerung mit Profinet ein», betont Piotr Krotki. Die Wiederholgenauigkeit beträgt 0,01 mm. «Fünf Stationen bewegen sich auch in der Z-Achse», hebt Mario Scheffner hervor. Zusätzliche Linearmotoren ML3, Kompaktantriebe IndraDrive Cs und Kugelschienenführungen mit dem integrierten Messsystem IMS von Bosch Rexroth hat Wika Polska an zwei Teststationen mit besonders hoher Positioniergenauigkeit integriert und ebenfalls über Profinet an die Anlagensteuerung angebunden. Das induktive Messsystem wird nicht durch die elektrischen Felder der Linearmotoren beeinträchtigt. Darüber hinaus ist es unempfindlich gegenüber Schmutz und Vibrationen und benötigt keine energieintensive Sperrluft. Das IMS führt Wika Polska SGF jetzt auch bei den Rundtaktmaschinen ein.
Kraftspektrum von 1,6 bis 120 kN
Das Team um Piotr Krotki baute vorab bei Bosch Rexroth in Stuttgart einen Test-Werkstückträger auf, um in umfangreichen Simulationen AGA 1 zu konstruieren und die Prozessschritte virtuell zu validieren. «Bei der SPS-Programmierung hat uns Bosch Rexroth wann immer notwendig unterstützt», erinnert sich der Leiter Automation.
Der initiale Aufbau und die Inbetriebnahme von AGA 1 erfolgte direkt im Wika-Polska-SGF-Werk in Włocławek. Das Gestell besteht aus Aluminiumprofilen des Mechanik-Grundelemente-Baukastens (MGE) von Bosch Rexroth. Durch Zentrierschrauben und Winkel werden die Elemente direkt ausgerichtet und es ist keine Justage notwendig. Eine Tischplatte aus Aluminium vervollständigt den mechanischen Aufbau. Wie breit die Varianz ist, zeigt eine Einpressstation: Dort werden je nach Variante Kräfte von 1,6 kN bis zu 120 kN aufgebracht.
«Noch ist AGA 1 in der Hochlaufphase. «Erst kommt die Qualität, dann erhöhen wir die Geschwindigkeit», betont Mario Scheffner. Das Erreichen der maximalen Produktionsgeschwindigkeit steht aber unmittelbar bevor. Die Anlage gilt bei Wika bereits als wegweisend. Nach Mario Scheffners Einschätzung könnten bald weitere Montagelinien hinzukommen.
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