Antriebsregler nach Mass Wenn der Antrieb nicht mitkommt ...

Von Jonas Schmid und Dr. Jürg M. Stettbacher |

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In der Automatisierung von industriellen Maschinen und Prozessen haben Standard- Antriebe ihren festen Platz. Das Angebot ist riesig und es scheint, als gäbe es für jede Aufgabe die entsprechende Lösung ab Stange. Doch was tut man, wenn dieser Lösungsansatz nicht zum Ziel führt?

Die Bewegung eines jeden Hebels zählt ...
Die Bewegung eines jeden Hebels zählt ...
(Bild: Lalit Kumar, Unsplash)

Der Markt bietet alle Arten und Grössenordnungen von Elektromotoren. Dazu sind fixfertige Motor-Controller oder programmierbare Steuerungen (SPS, PLC) erhältlich, für welche verschiedenste Software-Module angeboten werden. Auf diese Weise sind Antriebsaufgaben in wenigen Schritten erledigt und vor allem für Einzelanwendungen oder Kleinserien ist diese Lösung auch wirtschaftlich vorteilhaft.

Einer grösseren Schweizer Industriefirma erging es aber anders: Die Aufgabenstellung erschien vorerst gar nicht aussergewöhnlich. Es galt, einen kleinen Metallhebel in einer grossen Maschine periodisch zu bewegen. Der Weg war zwar kurz, einige Millimeter, aber die Bewegung musste innerhalb einer einstellbaren Zeit von wenigen Millisekunden sehr genau einer definierten Soll-Kurve folgen. Es zeigte sich, dass man die Masse des Hebels im Zusammenspiel mit den geforderten Beschleunigungen und einer verhältnismässig grossen Reibung unterschätzt hatte. Der Automatisierungspartner war tagelang mit dem Einstellen der kaskadierten PID-Regelung beschäftigt, ohne eine befriedigende, robuste Lösung zu finden. Es wurde daraufhin der Motorcontroller gegen das nächstgrössere und teurere Modell ausgetauscht und man begann mit der Regler-Konfiguration von vorne. Das wiederholte sich einige Male, bis der Auftraggeber die Reissleine zog.

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Entwicklung des anwendungsspezifischen Reglers

Das Projekt gelangte dann zu Stettbacher Signal Processing AG (SSP). Die vereinbarte Strategie bestand nun darin, einen anwendungsspezifischen Regler, also Hard- und Software, für die Aufgabenstellung zu entwickeln. Zu diesem Zweck stellte SSP zuerst Berechnungen an über die notwendige Motorleistung entlang der geforderten Trajektorie. Es zeigte sich, dass die bestehenden Motoren bereits ausreichend dimensioniert waren. Offenbar waren zuvor der Regler und/oder der Reglertakt für die Aufgabe ungeeignet gewesen. Es wurde also ein numerisches Modell der Dynamik des gesamten Mechanismus entworfen. Mit Hilfe dieses Modells wurde eine digitale Regelstrategie entwickelt und in der Folge die erforderliche Taktrate des Systems festgelegt. Daraufhin wurde mit Hilfe von Komponenten, die bei SSP schon vorhanden waren, ein Demons­trator aufgebaut, um den neuen Regler im echten Prozess zu verifizieren. Dies gelang auf Anhieb, wobei während der Inbetriebnahme die Regelparameter noch geringfügig optimiert wurden, um den Einfluss von Modellungenauigkeiten zu beheben.

In der nächsten Phase des Projekts wurde eine geeignete elektronische Hardware entwickelt, die für den Dauereinsatz in rauer Umgebung ausgelegt ist, und – mit Blick auf anderweitige Wünsche des Kunden – bezüglich Latenz und Regeltakt mit zusätzlicher Reserve versehen wurde. Gleichzeitig wurden Spannungsregler sowie Interfaces für Analysezwecke und zum Rest der Maschine integriert, so dass keine weiteren externen Komponenten mehr nötig sind. Das Ganze wurde in ein Metallgehäuse verpackt, das halb so gross ist wie früher ein CD-Laufwerk.

Die Entwicklung durch SSP hatte freilich ihren Preis. Die Entstehungskosten der neuen Lösung, inkl. Gehäuse und Kabel, sind aber nur noch ein Bruchteil im Vergleich zum bisherigen 70-Liter-Schaltschrank mit seinen aufwändigen Innereien und Verdrahtungen. Auf diese Weise wird die Entwicklung in weniger als einem Jahr amortisiert sein. Ab dann trägt die neue Lösung zum Gewinn des Auftraggebers bei.

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