Überwachung des Meeresbodens Drucktransmitter zur Langzeitmessung des Drucks am Meeresboden
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Um geologische, ozeanographische und klimatologische Veränderungen besser zu verstehen, kommt der Überwachung des Meeresbodens eine Schlüsselrolle zu. Ein neues Konzept der Universität Bremen ermöglicht eine präzise Langzeitmessung des Drucks am Meeresboden. Zentrales Element ist ein speziell dafür entwickelter Drucktransmitter von Keller Druckmesstechnik.

Im Innern unserer Erde wirken gewaltige Kräfte, die Gebirge und ganze Kontinente formen. Meist merken wir davon nichts, doch manchmal bauen sich aufgebaute Spannungen schlagartig ab und es kommt zu Erdbeben oder Vulkanausbrüchen. Die Überwachung der magmatischen und hydrothermalen Aktivität in der Erdkruste hilft der Wissenschaft dabei, diese Vorgänge im Untergrund besser zu verstehen. Die gewonnenen Erkenntnisse haben Relevanz zur Klärung eines weiten Spektrums an Fragestellungen. Das Verständnis der Bewegungsprozesse der tektonischen Platten hilft dabei, das Risiko von Erdbeben und Tsunamis einzuschätzen ebenso wie die Lebenszyklen von Tiefsee-Lebensgemeinschaften an mittelozeanischen Rücken und Inselvulkanen. Die Daten werden zudem für die Einschätzung der Folgen des Klimawandels, etwa Änderungen von Meeresspiegel und -strömungen, verwendet sowie zur Beobachtung unterseeischer Rohstoff-Förderung.
Messung des Wasserdrucks und Rückschlüsse auf Veränderungen
Die flächendeckende Überwachung benötigt eine Unmenge an Daten, die von unzähligen Messstationen und sogar vom Weltraum aus gesammelt werden. An Land gibt es gut erprobte Verfahren und ein dichtes Sensor-Netzwerk. Doch der grösste Teil der Erde ist von Ozeanen bedeckt, was den Aufbau und Betrieb von Messeinrichtungen erheblich erschwert. Deshalb sind Daten aus der Tiefsee spärlicher und oft weniger genau. Die Wassermassen erlauben aber auch den Einsatz anderer Mittel. Durch die Messung des Wasserdrucks am Meeresboden lässt sich die Höhe bis zur Wasseroberfläche genau bestimmen. So kann unabhängig von Referenzpositionen festgestellt werden, ob sich der Meeresboden an dieser Stelle gehoben oder abgesenkt hat.
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Technik für den Umweltschutz
Wie der Druck auf unser Ökosystem messbar gemacht wird
Jemand, der sich mit Druckveränderungen am Meeresboden sehr gut auskennt, ist Dr. Hans-Hermann Gennerich. Er arbeitet im Fachbereich Geowissenschaften an der Universität Bremen und ist zuständig für Meerestechnik und -sensorik. Er hat bereits zwei Prototypen von Geräten zur Messung der Druckveränderungen am Meeresboden, so genannte OBPs («Ocean Bottom Pressuremeter») entwickelt und getestet. In diesen Projekten konnten wertvolle Daten gesammelt werden. Allerdings gab es auch viele Störfaktoren, wie etwa die Gezeitenwelle und den gewöhnlichen Seegang. Die meisten davon lassen sich jedoch durch sorgfältige Abstimmung mit anderen Messdaten von Bojen oder Satelliten bereinigen.
Die zu beobachtenden Druckunterschiede durch Bewegung des Meeresbodens sind millionenfach kleiner als der vorherrschende Umgebungsdruck in mehreren Kilometern Wassertiefe. Das heisst, ein Messgerät für Absolutdruck bräuchte eine utopische Langzeitstabilität, damit sich das gesuchte langfristige Messsignal überhaupt von der Nullpunkt-Drift unterscheiden liesse. Für die nächste Generation der OBP-Messgeräte hat Dr. Gennerich sich deshalb etwas anderes einfallen lassen. Anstatt die gesamte Wassersäule oberhalb des Meeresgrunds zu messen, soll nur noch die Druckänderung über die Zeit erfasst werden. Da die Nullpunktverschiebung proportional zum Gesamtmessbereich des Sensors ist, kann dieser Störfaktor durch diese Methode mit geringerem Messbereich mehr als tausendfach gesenkt werden. So wird das Langzeitsignal eindeutig erkennbar.
Neues Messinstrument misst Änderungen mit allerhöchster Genauigkeit
Der neue Prototyp für das Messinstrument ist folgendermassen aufgebaut (siehe Abbildung 2): Ein Druckanschluss des Differenzdrucksensors ist direkt mit dem umgebenden Meer verbunden, der andere führt in einen Referenztank. Der Tank kann über ein Ventil ebenfalls zur Umgebung hin geöffnet werden. Beim Aussetzen und bei der Bergung des OBP ist das Ventil offen, so dass beidseitig immer derselbe Druck anliegt und der empfindliche Sensor nicht beschädigt wird. Hat die Messeinrichtung den Meeresgrund erreicht, wird das Ventil geschlossen. Der Tankinhalt behält nun exakt den Druck zu Beginn der Messung bei (P1). Sollte sich der Umgebungsdruck (P2) verändern, registriert der Transmitter die Differenz. Druckabweichungen im Referenztank aufgrund temperaturbedingter Materialausdehnung werden durch ein genau berechnetes Quarzglas-Volumen im inneren ausgeglichen. Zusätzlich wird die Temperatur gemessen, um die verbliebene Abweichung später mathematisch zu berechnen. Alle Messdaten werden mithilfe eines Datenloggers aufgezeichnet. Während der Messung lässt sich das System jederzeit neu kalibrieren, indem das Ventil geöffnet und der Nullpunkt neu ausgemessen wird. So kann eine allfällige Signalverschiebung festgestellt und später bei der Datenauswertung kompensiert werden. Diese Konstruktion erlaubt es, die Änderungen des Wasserdrucks am Meeresgrund mit allerhöchster Genauigkeit und praktisch ohne Messunsicherheiten über längere Zeiträume zu messen.
Für diese Anwendung eignet sich optimal eine piezoresistive Druckmesszelle, die beidseitig mit Druck beaufschlagt wird. Wenn der Druck von zwei Seiten auf dieselbe Membran wirkt, gleicht sich der Grossteil der Wirkung aus und nur die Differenz bleibt übrig. Dies gilt sowohl für die Messgrösse als auch für die (einseitige) Belastung der Silizium-Membrane. Gegen gleichmässigen Druck von beiden Seiten ist die Kristallgitter-Struktur des Siliziums auch in sehr geringer Wandstärke, wie sie für hochempfindliche Messzellen benötigt wird, extrem beständig.
Verlässliche und präzise Sensoren entscheidend
Das ausgeklügelte Messsystem des OBP-Prototyps ist auf verlässliche und präzise Sensoren angewiesen. Die PD-23-Differenzdruck-Transmitter von Keller erfüllen alle Anforderungen dieser Anwendung und sind damit ideal geeignet. Sie messen den Druckunterschied an einer einzelnen Silizium-Membrane, die auf jeder Seite durch eine Metall-Membran vom Messmedium abgekoppelt ist, und geben das Ergebnis temperaturkompensiert und normiert an den Datenlogger weiter. Für das Projekt wurde eine kundenspezifische Ausführung entwickelt: Dieser Transmitter ist für einen Basisdruck von bis zu 600 bar ausgelegt, was einer Meerestiefe von 6000 m entspricht. Gleichzeitig können Druckunterschiede mit einer Genauigkeitsabweichung von weniger als einem Tausendstel bar gemessen werden. Speziell für den Einsatz am Meeresgrund wurden alle medienberührenden Teile aus Hastelloy C-276 gefertigt, um Korrosionsschäden durch das salzige Meerwasser vorzubeugen. Ausserdem sind die Druckanschlüsse auf Wunsch mit zwei Röhrchen erweitert worden, damit sich der Transmitter perfekt in die Gesamtkonstruktion einfügt.
Die neuen Instrumente für die Meeresgeologie versprechen ein voller Erfolg zu werden. Auch dank der guten Zusammenarbeit zwischen den Sensorentwicklern und dem Team der Uni Bremen um Hans-Hermann Gennerich. Keller Messtechnik ist stolz darauf, auf diesem Weg einen Beitrag an die Wissenschaft leisten zu dürfen, und wünscht Dr. Gennerich und allen anderen engagierten Forschern weiterhin viel Erfolg bei ihrer Arbeit. Dank ihrem Einsatz werden wir die Urkräfte unter unseren Füssen sicher bald noch besser verstehen und ein Stück berechenbarer machen können.
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