Kollaborative Roboter Worauf es bei der Implementierung von Cobots ankommt
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Kollaborative Roboter (Cobots) sind auf dem Vormarsch. Sie arbeiten eng mit Menschen zusammen und lassen sich in unterschiedlichen industriellen Anwendungen einsetzen. Dabei sollen sie die Mitarbeiter sinnvoll in ihren Tätigkeiten unterstützen, um somit eine Bereicherung für die Arbeitswelt darzustellen. Wie das gelingt, zeigt item am Einsatz von «Cobra20» im eigenen Lager- und Produktionszentrum Piepersberg in Solingen.

Cobots haben viele Vorteile: sie sind vielseitig und flexibel einsetzbar und lassen sich schnell an unterschiedliche Arbeitsanforderungen anpassen. Darüber hinaus benötigen die kollaborativen Roboter wenig Platz. Sie teilen sich einen gemeinsamen Arbeitsraum mit den Mitarbeitern und sind nicht durch nur Schutzzäune oder ähnliches vom Menschen getrennt. Das unterscheidet die Cobots von klassischen Industrierobotern. Ausgestaltet wie ein Arm übernehmen die Kollegen aus Stahl meist monotone und kräftezehrende Arbeiten und können dadurch die Mitarbeiter effektiv entlasten. Doch wie integriert man einen Cobot bestmöglich in die bestehenden Prozesse und überzeugt auch die Kollegen von dem sinnvollen Einsatz, ohne Ängste um den eigenen Arbeitsplatz zu schüren? Anhand der Einführung eines Cobots im eigenen Montagebereich und Kleinteilelager erläutert item die Vorgehensweise bei der Projektrealisierung.
Montageprozesse schlanker gestalten
«Der Lean-Gedanke ist in unserem Unternehmen fest verankert», sagt Przemyslaw Krzysztyniak, Projektleiter und Innovationsmanager bei item. «Das bezieht sich nicht nur auf unsere eigenen Produkte, sondern auch auf Arbeits- und Produktionsprozesse innerhalb des Unternehmens.» Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses entschied sich item, innerhalb der Montageprozesse schlanker zu gestalten und unter möglichst geringem Aufwand teilweise zu automatisieren. Der Schwerpunkt lag auf der Kleinteilemontage, bei der manuelle Tätigkeiten überwiegen. Wie ging item konkret vor? Abläufe im Bereich Bearbeitung, Montage und Konfektionierung wurden intern geprüft und analysiert. Dazu betrachtete ein eigens gebildetes Team die komplette Prozesskette, die einzelnen Produkte und genutzten Systeme. Was gibt es bereits am Markt und was ist am besten geeignet, um ausgewählte Prozesse zu optimieren? item entschied sich für einen Leichtbauroboter der Firma Universal Robots. Der Fokus der neuen Lösung lag vor allem auf der Fertigung kleiner Losgrössen. So wählte das Team die manuelle Montage einer Laufrolle aus, die aus mehreren Komponenten besteht. Diese mussten nacheinander zusammengefügt werden – eine sehr kräftezehrende und monotone Arbeit. Dieser Vorgang sollte optimiert und die Mitarbeiter durch den Cobot entlastet werden. Bei der Realisierung des Projektes konnte item auf die eigenen Produkte zurückgreifen. Der Leichtbauroboter wurde nach dem Baukastenprinzip einfach in die vorhandene Arbeitsumgebung integriert, die aus unternehmenseigenen Produkten wie ergonomischen Arbeitsplätzen und Bereitstellungs-Wagen besteht. In einem späteren Schritt realisierte item den Anbau eines Werkstückträgersystems in einer separaten Funktionsinsel.
Aufgaben des stählernen Kollegen
Während früher die einzelnen Komponenten der Laufrolle ausgepackt und in mehrere Schalen gelegt wurden, um sie anschliessend in einer pneumatischen Fügevorrichtung zur Laufrolle zusammenzufügen, übernimmt nun der Cobot einen Grossteil dieser Arbeiten. Die Mitarbeiter füllen dazu mehrere Magazine mit den Einzelteilen auf. Der Cobot entnimmt die notwendigen Komponenten und legt sie in die Fügevorrichtung. Der Fügevorgang läuft automatisiert ab. Anschliessend sortiert der Roboter das fertige Produkt in den Werkstückträger ein. Auf diese Weise können drei unterschiedliche Rollen gefertigt werden. Die Kollaboration in diesem Prozess ist sporadisch: Der Roboter ist zu 90 % ausgelastet, der Mensch zu 10 %. Während der Cobot seine Tätigkeiten verrichtet, kann sich der Mitarbeiter anderen Aufgaben zuwenden. Da sich in den Magazinen vor Beginn der Tätigkeit die gleiche Anzahl an Rollen befindet wie auch nachher im Werkstückträger, ist durch eine einfache optische Kontrolle sofort ersichtlich, ob der gesamte Vorgang ordnungsgemäss und fehlerfrei durchgeführt worden ist.
Mitarbeiter entlasten und umweltfreundlicher produzieren
Durch den Einsatz des Cobot konnte die Belastung der Mitarbeiter um 90 % reduziert werden, da sie sich jetzt nur um den Nachschub und das Auffüllen der Magazine kümmern müssen. Die gewonnene Zeit kann in andere wertschöpfende Tätigkeiten investiert werden. «Vor dem Einsatz des Cobots musste ein Mitarbeiter täglich bis zu 700 Mal manuell die Presse betätigen, was nach gewisser Zeit zu körperlichen Beschwerden führte», sagt Nasim Mahek, Leitstandmitarbeiter der Kleinteilemontage. «Nun ist die Arbeit erheblich ergonomischer und gesundheitsschonender.» Zusätzlicher Benefit: item spart Verpackungsmaterial ein, denn die fertigen Laufrollen werden gesammelt auf dem Werkstückträger eingelagert. Vor Einsatz des Cobots wurde eine definierte Anzahl in Kartons verpackt. Nun übernimmt der Roboter auch Zählaufgaben: Ist eine vorgegebene Stückzahl gefertigt und der Werkstückträger voll, signalisiert der Cobots dies durch eine optische Hilfseinrichtung. In einer Kiste werden die vollen Werkstückträger gestapelt, abgedeckt und im automatisierten Kleinteilelager eingelagert. Im Ergebnis werden so mehrere Arbeitsschritte eingespart und Produkte nachhaltiger gefertigt.
Direkte Beteiligung der Mitarbeiter schafft Akzeptanz
Von grosser Bedeutung für eine erfolgreiche Implementierung von Cobots ist die frühzeitige und abteilungsübergreifende Einbindung von Mitarbeitern. Deren Wünsche und Ideen wurden aufgenommen, Ergebnisse wurden offen gezeigt und die Mitarbeiter sind über die laufenden Schritte der Entwicklung informiert worden. «Eine umfassende Transparenz gleich zu Beginn und während der Realisierung ist das A und O, soll Akzeptanz statt Ablehnung erreicht werden» betont Przemyslaw Krzysztyniak. «Denn die Applikation arbeitet für die Mitarbeiter, nicht gegen sie.» Den Monteuren kommt dabei nach wie vor eine wichtige Aufgabe zu. Ohne sie kann der gesamte, teilautomatisierte Ablauf nicht funktionieren. Die Mitarbeiter nutzen den Cobot wie ein ganz reguläres Werkzeug oder Betriebsmittel und legen ihre Arbeitsgeschwindigkeit individuell fest. Viele Mitarbeiter sollten den Cobot eigenständig betätigen können. Daher legte item grossen Wert auf eine einfache und intuitive Bedienung. «Die Einführung der neuen Technologie hat alle restlos begeistert», konstatiert Nasim Mahek. «Wir haben eine bessere Arbeitsatmosphäre geschaffen und der Cobot ist ein Teil der Mannschaft geworden.» Dass das kleine, kompakte Gerät in die den Mitarbeitern bekannte Umgebung aus item Komponenten integriert wurde, hat viel zur Akzeptanz beigetragen. So gibt es keine Berührungsängste. Die Belegschaft schätzt den maschinellen Dauergast und gab ihm sogar einen Namen. So tauften ihn die Mitarbeiter wegen der schlangenähnlichen Bewegungen und dem Jahr der Implementierung auf den Namen «Cobra20».
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ESD-Schutz
Elektrostatische Entladungen mindern Produktqualität
Viele Einflussgrössen berücksichtigen
«Der Cobot mit der Robotertechnik ist ein Teil des Ganzen», so Przemyslaw Krzysztyniak. «Grossen Einfluss auf eine erfolgreiche Integration haben die Mitarbeiter und die eingesetzten Betriebsmittel sowie natürlich wirtschaftliche Aspekte». Daher ist es unumgänglich, dass Cobra20 nicht nur für einen Prozess eingesetzt wird, sondern mehrere Fertigungen übernehmen kann. Nach kurzer Rüstzeit soll der Roboter Schraubapplikationen realisieren und damit Komponenten aus drei verschiedenen Produktgruppen fertigen. Natürlich spielen auch sicherheitstechnische Aspekte eine grosse Rolle bei der Einführung von Robotern. Die Maschinenrichtlinie 2006/42/EG sowie diverse Normen und technische Spezifikationen wie die ISO/TS 15066 sind zu berücksichtigen. Ausserdem sollten nur zertifizierte Komponenten zum Einsatz kommen. Um die Mitarbeiter bestmöglich zu schützen, ist der Cobot bei item derart in die Arbeitsumgebung integriert, dass ein zufälliger Kontakt mit dem Menschen nahezu ausgeschlossen ist. Virtuelle Zäune sorgen für zusätzliche Sicherheit. Verlässt der Roboterarm diesen vorgegebenen Arbeitsraum, wird die Bewegung automatisch abgebremst. Eine weitere Einflussgrösse auf den Erfolg eines solchen Projektes ist die Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern, welche die benötigten Komponenten liefern, beispielsweise perfekt passende Greifer. So lässt sich der Greifer der Firma Zimmer flexibel für mehrere Tätigkeiten programmieren. «Unser Ziel ist, Cobra20 an verschiedenen Arbeitsplätzen für unterschiedliche Fertigungen mit wechselndem Personal einzusetzen», so Przemyslaw Krzysztyniak. «Das System ist nicht fest installiert, sondern als flexible Lösung konzipiert, die sich bei Bedarf an den jeweiligen Arbeitsplätzen andocken lässt.» Die Vorrichtung kann mit verschiedenen Funktionsinseln nach dem bewährten item Baukastenprinzip kombiniert werden. So entstehen schnell und unkompliziert (teil)automatisierte Fertigungsstrassen aus manuellen Montagearbeitsplätzen.
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